Ein spätantiker Text, in einem Kapitel der apologetischen Schrift, die Arnobius vor 310 n. Chr., geschrieben hat, bezieht sich auf das Pessinus, das Zentrum des Magna Mater-Kultes in Kleinasien und erinnert in einigen Passagen an den hethitischen Ullikummi-Mythos.
Der Text ist hier in einer Übersetzung von F.A. v. Besnard (1842) wiedergegeben.
Im Lande Phrygien, sagt er (Timotheus), ist ein vor allen andern unerhört großer Fels, der Agdus von den Eingeborenen der Gegend genannt wird. Von ihm entnommene Steine haben Deukalion und Pyrrha, wie Themis weissagend befohlen, auf die von Sterblichen entblößte Erde geworfen; aus welchem samt den Übrigen auch diese, welche man die Große Mutter nennt, gebildet und durch göttliche Schickung beseelt worden ist. Als sie auf des Felsens Gipfel sich der Ruhe und dem Schlafe hingab, begehrte ihrer ruchlos Jupiter mit unzüchtiger Leidenschaft. Da er aber nach langer Anstrengung das sich Verheißene nicht erlangen konnte, so büßte er, zum Nachgeben gezwungen, seine Lust auf dem Stein. Hiervon empfing der Fels, und nach vielfachem vorhergegangenen Stöhnen gebar derselbe im zehnten Monat den nach dem mütterlichen Namen benannten Acdestis. Dieser war von unbezwinglicher Stärke und unzugänglicher Wildheit, voll unbändiger und rasender Gier, beiderlei Geschlecht angehörig, der das mit Gewalt Geraubte zugrunde richtete, vernichtete, nach der ihn treibenden Wildheit; der weder um Götter noch Menschen sich bekümmerte und außer an sich an nichts Mächtigeres glaubte, Erde, Himmel und Sterne verachtend.
Da die Götter oftmals in Beratung zogen, auf welche Weise desselben Dreistigkeit entweder geschwächt oder unterdrückt werden könne,
so übernahm, während die anderen in Unentschlossenheit verharrten, Liber dieses Werkes Besorgung, und entzündete jene ihm trauliche Quelle, wo er gewohnt war, die durch Liebesgenuß und Jagd erregte Brunst und Glut des Durstes zu lindem, mit der heftigsten Kraft lautem Weines. Acdestis lief nun zur Zeit des ihn nötigenden Durstes herbei und verschluckte unmäßig durch weit geöffneten Schlund den Trank; so daß, durch das Ungewohnte überwältigt, er in den tiefsten Schlaf versank. Liber lag im Hinterhalte und warf eine Schlinge aus starkem Haar aufs geschickteste gedreht um die Fußsohle, mit dem andern Teile der Hoden samt dem Geschlechtsglied sich bemeistemd. Als jener, die Kraft des Weines verdunstet, mit Heftigkeit sich aufraffte und die Schlinge an der Fußsohle anzog, so beraubte er sich so selbst durch seine eigene Kraftanstrengung der männlichen Geschlechtsteile.
Trotz aller Unterschiede werden folgende Punkte als Gemeinsamkeit gesehen:
(1) Die Ausgangssituation: der große Stein;
(2) ein Gott befruchtet den Stein;
(3) der Stein gebiert ein Kind;
(4) das so erzeugte Kind ist ein Rebell gegen die Götter;
(5) die Götter versammeln sich und planen Gegenmaßnahmen;
(6) der Götterfeind wird unschädlich gemacht.
Pessinus hegt innerhalb des ehemaligen Hethiterreichs; nach den ‘dunklen Jahrhunderten’ gehören Pessinus zum Reich der Phryger; Agdistis ist für die Griechen die ‘Phrygische Göttin. Für die Stabilität des (vermutlich mündlich überlieferten) Mythos macht man das Heiligtum von Pessinus verantwortlich; welches vermutlich in irgendeiner Weise an die Bronzezeit anknüpft.
https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/wja/article/download/25702/19416/0
Der Text ist hier in einer Übersetzung von F.A. v. Besnard (1842) wiedergegeben.
Im Lande Phrygien, sagt er (Timotheus), ist ein vor allen andern unerhört großer Fels, der Agdus von den Eingeborenen der Gegend genannt wird. Von ihm entnommene Steine haben Deukalion und Pyrrha, wie Themis weissagend befohlen, auf die von Sterblichen entblößte Erde geworfen; aus welchem samt den Übrigen auch diese, welche man die Große Mutter nennt, gebildet und durch göttliche Schickung beseelt worden ist. Als sie auf des Felsens Gipfel sich der Ruhe und dem Schlafe hingab, begehrte ihrer ruchlos Jupiter mit unzüchtiger Leidenschaft. Da er aber nach langer Anstrengung das sich Verheißene nicht erlangen konnte, so büßte er, zum Nachgeben gezwungen, seine Lust auf dem Stein. Hiervon empfing der Fels, und nach vielfachem vorhergegangenen Stöhnen gebar derselbe im zehnten Monat den nach dem mütterlichen Namen benannten Acdestis. Dieser war von unbezwinglicher Stärke und unzugänglicher Wildheit, voll unbändiger und rasender Gier, beiderlei Geschlecht angehörig, der das mit Gewalt Geraubte zugrunde richtete, vernichtete, nach der ihn treibenden Wildheit; der weder um Götter noch Menschen sich bekümmerte und außer an sich an nichts Mächtigeres glaubte, Erde, Himmel und Sterne verachtend.
Da die Götter oftmals in Beratung zogen, auf welche Weise desselben Dreistigkeit entweder geschwächt oder unterdrückt werden könne,
so übernahm, während die anderen in Unentschlossenheit verharrten, Liber dieses Werkes Besorgung, und entzündete jene ihm trauliche Quelle, wo er gewohnt war, die durch Liebesgenuß und Jagd erregte Brunst und Glut des Durstes zu lindem, mit der heftigsten Kraft lautem Weines. Acdestis lief nun zur Zeit des ihn nötigenden Durstes herbei und verschluckte unmäßig durch weit geöffneten Schlund den Trank; so daß, durch das Ungewohnte überwältigt, er in den tiefsten Schlaf versank. Liber lag im Hinterhalte und warf eine Schlinge aus starkem Haar aufs geschickteste gedreht um die Fußsohle, mit dem andern Teile der Hoden samt dem Geschlechtsglied sich bemeistemd. Als jener, die Kraft des Weines verdunstet, mit Heftigkeit sich aufraffte und die Schlinge an der Fußsohle anzog, so beraubte er sich so selbst durch seine eigene Kraftanstrengung der männlichen Geschlechtsteile.
Trotz aller Unterschiede werden folgende Punkte als Gemeinsamkeit gesehen:
(1) Die Ausgangssituation: der große Stein;
(2) ein Gott befruchtet den Stein;
(3) der Stein gebiert ein Kind;
(4) das so erzeugte Kind ist ein Rebell gegen die Götter;
(5) die Götter versammeln sich und planen Gegenmaßnahmen;
(6) der Götterfeind wird unschädlich gemacht.
Pessinus hegt innerhalb des ehemaligen Hethiterreichs; nach den ‘dunklen Jahrhunderten’ gehören Pessinus zum Reich der Phryger; Agdistis ist für die Griechen die ‘Phrygische Göttin. Für die Stabilität des (vermutlich mündlich überlieferten) Mythos macht man das Heiligtum von Pessinus verantwortlich; welches vermutlich in irgendeiner Weise an die Bronzezeit anknüpft.
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