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Telipinu-Mythos



Telipinu (auch Telipuna; hatt. Talipinu) ist ein Vegetationsgott der Hethiter, den sie von den Hattiern übernahmen.

Der Mythus vom Verschwinden Telipinus ist in hethitischen Ritualtexten überliefert. Danach zieht sich Telipinu aus Zorn zurück und verschwindet, dadurch sind Feuer, Altäre und Tiere wie gelähmt und Unfruchtbarkeit überzieht das Land. Die Sonnengöttin versammelt die Götter und schickt den Adler aus, um Telipinu zu suchen. Nach erfolgloser Suche begibt sich Telipinus Vater zur Muttergöttin Ḫannaḫanna. Darauf wird der Text des Mythos unterbrochen und Besänftigungsopfer an Telipinu beschrieben mit einigen unklaren Götterepisoden. Der Mythos geht weiter, indem die Muttergöttin eine Biene aussendet, die Telipinu in einem Hain bei der Kultstadt Liḫzina findet. Die Biene sticht Telipinu, der darauf noch mehr erbost, sich aber dann von der Biene besänftigen lässt und zurückkehrt. 




Die Beschreibung der Notzeit in CTH 324.1
§ 2
(a) Dunst ergreift die Fenster. Rauch das Haus.
(b) Im Herd aber erstickten die Holzscheit.
(c) Auf dem Altarpostament erstickten die Götter.
(d) Im Viehhof die Schafe ebenso. Im Rinderstall erstickten die Rinder.
(e) Das Schaf stieß sein Lamm von sich. Das Rind aber stieß sein Kalb von sich.


Die Beschreibung der Heilszeit
§ 32
(A) Telipinu kam zurück zu seinem Haus und kümmerte sich um sein Land.
(B) Der Dunst verließ das Fenster. Der Rauch verlässt das Haus.
(C) Auf dem Altarpostament kamen die Götter wieder in Ordnung.
(D) Im Herd lies er das Holzscheit los.
(E) Im Viehhof ließ er die Schafe los. Im Rinderstall ließ er die Rinder los.
(F) Die Mutter erkannte ihr Kind an.
(G) Das Schaf erkannte sein Lamm an. Die Kuh erkannte ihr Kalb an.
(H) Telipinu aber (erkannte) den König und die Königin (an) und versorgte sie
mit Leben, Kraft (und) Zukunft.




CTH 324.1
Citatio: E. Rieken et al. (ed.), hethiter.net/: CTH 324.1 (TRde 2012-06-08)


01 -- [ ... ] ging.
02 -- [ ... ]
03 -- Telipinu aber [ ... ]
04 -- [ ... ] was [ ... ]
05 -- [ ... ]
06 -- Telipinu aber [ ... ]
07 -- [ ... ] seine Stadt befestigte er.
08 -- [ ... ] warf den Pfosten.
09 -- [ ... ]te
10 -- Auch auf dieser Seite ging [ ... ] wieder [ ... ]
11 -- [ ... ] nichts [ ... ]
12 -- [ ... ] der mächtige Telipinu begann zu sprechen:
13 -- „Vertreibt [ ... ]!“
14 -- Fürchtet Euch nicht!“
15 -- Und er wurde zornig.
16 -- Das Rechte ließ er links laufen,
17 -- das Linke aber ließ er rechts laufen.
18 -- Aus dem Haus ging er.
19 -- Dunst ergriff die Fenster.
20 -- Rauch erstickte das Haus.
21 -- Im Herd aber erstickten die Holzscheite.
22 -- Auf dem Altarpostament erstickten die Götter.
23 -- Im Viehhof die Schafe ebenso.
24 -- Im Rinderstall erstickten die Rinder.
25 -- Das Schaf stieß sein Lamm von sich.
26 -- Das Rind aber stieß sein Kalb von sich.
27 -- Telipinu aber ging fort.
28 -- Er schaffte Getreide, Fruchtbarkeit, Wachstum?, Gedeihen? und Sättigung fort, (nämlich) auf das Feld, auf die Wiese, in die Moore.
29 -- Telipinu aber ging (und) versteckte sich im Moor.
30 -- Oben aber, (über) ihm wuchs die ḫalenzu-Pflanze.
31 -- Nun gedeihen Getreide (und) Emmer nicht mehr.
32 -- Rinder, Schafe (und) Menschen werden nicht mehr schwanger.
33 -- Die aber, die schwanger (sind),
34 -- auch die gebären nicht.
35 -- Die Berge vertrockneten,
36 -- das Gehölz vertrocknete,
37 -- und kein Sprössling kommt mehr hervor.
38 -- Die Weiden vertrockneten,
39 -- die Quellen vertrockneten,
40 -- und im Land entstand eine Hungersnot.
41 -- Menschen und Götter sterben an Hunger.
42 -- Der große Sonnengott bereitete ein Fest für sich
43 -- und rief eintausend Götter (herbei).
44 -- Sie aßen,
45 -- und sie stillten ihren Hunger nicht.
46 -- Sie tranken aber,
47 -- und sie stillten ihren Durst nicht.
48 -- Und der Wettergott sorgte sich um Telipinu, seinen Sohn.
49 -- „Telipinu, mein Sohn, ist nicht dabei.
50 -- Geärgert hat er sich
51 -- und alles Gute mit sich davongetragen.“
52 -- Die großen Götter (und) die kleinen Götter begannen, Telipinu zu suchen.
53 -- Der Sonnengott sandte den flinken Adler aus:
54 -- „Geh (und) durchsuche die hohen Berge!
55 -- Durchsuche die tiefen Täler!
56 -- Durchsuche die ruhigen Fluten!“
57 -- Der Adler ging
58 -- und fand ihn nicht.
59 -- Er brachte die Botschaft zurück zum Sonnengott:
60 -- „Ich habe ihn nicht gefunden, den Telipinu, den gewichtigen Gott.“
61 -- Der Wettergott sprach zu Ḫannaḫanna:
62 -- „Wie sollen wir handeln?
63 -- Wir werden an Hunger sterben.“
64 -- Ḫannaḫanna sprach zum Wettergott:
65 -- „Tue irgendetwas, Wettergott!
66 -- Geh (und) such du Telipinu selbst!“
67 -- Er ging, der Wettergott, (und) begann, Telipinu zu suchen.
68 -- Zu seiner Stadt, (nämlich an) das Stadttor, kommt er
69 -- und vermag es nicht zu öffnen.
70 -- Er zerbrach seinen Hammer (und) seinen Pflock.
71 -- [ ... ], der Wettergott.
72 -- Er hüllte sich in sein Gewand ein
73 -- und setzte sich hin.
74 -- Ḫannaḫanna sandte die Biene:
75 -- „Geh (und) such du Telipinu!“
76 -- Der Wettergott sagte [zu Ḫannaḫanna]:
77 -- „Die großen Götter (und) die kleinen Götter haben ihn gesucht
78 -- und ihn nicht gefunden.
79 -- Und sie geht, diese Biene, (und) findet ihn?
80 -- Ihre Flügel (sind) klein,
81 -- und sie (selbst ist) klein.
82 -- [ ... ]
83 -- Außerdem schneiden sie sie entzwei.“
84 -- [ ... ]
85 -- riss sie nieder, die Ufer … ,
86 -- zerstörte die Städte.
87 -- Er vernichtete die Menschen,
88 -- vernichtete die Rinder (und) Schafe.
89 -- [ ... ] steht auf.
90 -- Die Götter [ ... ]ten ihm [ ... ]
91 -- „Telipinu wurde wütend.
92 -- Wie sollen wir handeln?
93 -- Was sollen wir tun?
94 -- Er erhebt sich.
95 -- Ruft die Menschen!
96 -- Der soll ihm auf dem Berg Ammuna den Stachel der Biene [ ... ].
97 -- Der Adler soll vortreten
98 -- und soll ihn verbrennen.“
99 -- [ ... ] verbrannte [ ... ]
100 -- Der Adler aber [ ... mit den] Flügeln.
101 -- Sie ließen ihn erlöschen,
102 -- und er? [ ... ].
103 -- Die Wut nahmen sie.
104 -- Und sie nahmen seinen Zorn.
105 -- Sie nahmen seinen Frevel.
106 -- Sie nahmen den Ärger.
107 -- Sowohl dort verbrannte er (etwas)
108 -- als auch dort verbrannte er.
109 -- [ ... ] die guten …
110 -- [ ... ]
111 -- [ ... ]
112 -- [ ... ]
113 -- Das Schlechte aber …
114 -- Telipinu …
115 -- Er zerstieß Malz (und) Bierwürze.
116 -- [ ... ]
117 -- [ ... ] gute [ ... ]
118 -- Er schnitt [ ... ] Tor [ ... ] ab.
119 -- Telipinu[ ... ]
120 -- Die erstklassige Beruhigung …
121 -- Bedrückt aber [ ... ] wieder [ ... ]
122 -- Hier [ ... ] Wasser des Schlagens.
123 -- Deine, des Telipinu Seele [ ... ]
124 -- Wende dich im Guten dem König zu.
125 -- Hier liegt galaktar,
126 -- deine Seele soll beruhigt sein.
127 -- Hier liegt parḫuena-,
128 -- (sein) Inneres soll ruhig werden.
129 -- Hier liegt eine šamamma-Frucht,
130 -- [ ... ] soll (mit Öl) benetzt sein.
131 -- Hier liegt eine Feige.
132 -- Wie [die Feige] süß (ist),
133 -- ebenso soll deine, des Telipinu Seele süß werden.
134 -- Wie eine Olive aber sich ihr Öl im Innern hält,
135 -- wie eine Rosine aber sich den Wein im Innern hält,
136 -- ebenso halte auch du, Telipinu, [den König?] im Guten in (deiner) Seele (und) in (deinem) Innern.
137 -- Hier liegt eine liti-Ölpflanze,
138 -- und sie soll [deine?,] des Telipinu, Seele [ ... ] salben.
139 -- Wie Malz (und) Bierwürze sich im Wesen zusammenfügen,
140 -- ebenso soll auch deine, des Telipinu, Seele mit den Worten der Menschen verbunden sein.
141 -- So wie Emmer rein (ist),
142 -- ebenso soll Telipinu, (nämlich) seine Seele, rein werden.
143 -- So wie Honig süß (ist),
144 -- wie Butterschmalz weich (ist),
145 -- ebenso soll auch seine, des Telipinu, Seele süß werden,
146 -- und ebenso soll sie weich werden.
147 -- Mit Feinöl habe ich hier deine, des Telipinu Wege besprengt.
148 -- Geh die mit Feinöl besprengten Wege, Telipinu.
149 -- šaḫi-Holz und ḫappuriyaša-Holz sollen vorne sein.
150 -- Wie das Rohr (und) das lazzai-Holz geordnet (sind),
151 -- ebenso sollst du aber, Telipinu, geordnet sein.
152 -- Wütend kam Telipinu (herbei),
153 -- er donnert mit dem Blitz.
154 -- Unten schlägt er auf die dunkle Erde.
155 -- Sie erblickte ihn, die Kamrušepa,
156 -- bewegte für sich den Flügel des Adlers [ ... ]
157 -- und hielt ihn an.
158 -- Die Wut, sie hielt sie an.
159 -- Der Zorn, sie hielt ihn an.
160 -- Den Frevel hielt sie an.
161 -- Den Ärger hielt sie an.
162 -- Kamrušepa spricht wieder zu den Göttern:
163 -- „Geht, Götter!
164 -- Hütet für Ḫapantali seine, des Sonnengottes, Schafe!
165 -- Sondert zwölf Widder aus,
166 -- und ich behandle Telipinus ausgewählte Widder.“
167 -- Ich nahm ein Sieb (mit) eintausend Löchern
168 -- und schüttete karš-Getreide, (nämlich) ihre, der Kamrušepa, Schafen hin.
169 -- Ich verbrannte über Telipinu hier (etwas),
170 -- und dort verbrannte ich (etwas).
171 -- Ich nahm Telipinu sein Böses von seinem Körper.
172 -- Ich nahm seinen Frevel.
173 -- Ich nahm seine Wut.
174 -- Ich nahm seinen Zorn.
175 -- Ich nahm seinen Schmach
176 -- Ich nahm seinen Ärger.
177 -- „Telipinu (ist) verärgert.
178 -- Seine Seele (und) sein Inneres erstickte(n) im Feuerholz.
179 -- Wie man dieses Feuerholz verbrannte,
180 -- ebenso sollen auch Telipinus Wut, Zorn, Frevel (und) Ärger verbrennen!
181 -- Wie das Malz trocken (ist),
182 -- man es nicht auf das Feld bringt
183 -- und es (nicht) zur Saat macht,
184 -- es aber nicht zu Brot macht
185 -- (und) ins Vorratshaus legt,
186 -- ebenso soll auch soll auch des Telipinu Wut, Zorn, Frevel (und) Ärger vertrocknen!
187 -- Telipinu (ist) verärgert.
188 -- Seine Seele (und) sein Inneres (sind) ein brennendes Feuer.
189 -- Wie dieses Feuer erlischt,
190 -- ebenso sollen aber die Wut, der Zorn (und) der Ärger erlöschen!
191 -- Telipinu, lass die Wut los,
192 -- lass den Zorn los,
193 -- lass den Ärger los!
194 -- So wie das Wasser des Rohrs nicht wieder rückwärts fließt,
195 -- ebenso sollen auch des Telipinu Wut, Zorn (und) Ärger nicht wiederkommen.
196 -- Die Götter (sind) unter dem Weißdorn am Ort der Versammlung.
197 -- Unter dem Weißdorn aber [ ... ] lange[ ... ]
198 -- Und alle Götter sitzen (dort):
199 -- Papaya, Ištuštaya, die Schicksalsgöttinnen, Muttergöttinnen, der Getreidegott, der Genius des Gedeihens, Telipinu, die Schutzgottheit, Ḫapantaliya (und) [ ... ].
200 -- Ich behandelte bei den Göttern Substitute der langen Jahre,
201 -- und Telipinu reinigte ich.
202 -- Ich nahm Telipinu das Böse von seinem Körper.
203 -- Ich nahm seine Wut.
204 -- Ich nahm seinen Zorn.
205 -- Ich nahm seinen Frevel.
206 -- Ich nahm den Ärger.
207 -- Ich nahm die böse Zunge.
208 -- Ich nahm die böse Fußsohle.
209 -- [ ... ]
210 -- [ ... ] sich Name? [ ... ]
211 -- [ ... ]
212 -- [ ... ]
213 -- [ ... ]
214 -- und du reißt ihm das Stirnhaar aus.
215 -- Das Schaf läuft unter dir hindurch,
216 -- und du reißt ihm das Vlies aus.
217 -- Zieh auch dem Telipinu die Wut, den Zorn, den Frevel (und) den Ärger aus!
218 -- Wütend kommt der Wettergott (herbei)
219 -- und der Mann des Wettergottes hält ihn an.
220 -- Der Topf aber kommt,
221 -- und der Löffel hält ihn an.
222 -- Ebenso sollen meine, des Menschen, Worte dann auch dem Telipinu die Wut, den Zorn (und) den Ärger anhalten!
223 -- Gehen sollen des Telipinu Wut, Zorn, Frevel (und) Ärger!
224 -- Das Haus soll sie loslassen.
225 -- Der innere Pfeiler soll sie loslassen.
226 -- Das Fenster soll sie loslassen.
227 -- Die Türangel, der innere Hof soll sie loslassen.
228 -- Das Tor soll sie loslassen.
229 -- Der Torbau soll sie loslassen.
230 -- Der Königsweg soll sie loslassen.
231 -- In das gedeihende Feld, den Garten, den Wald sollen sie nicht gehen.
232 -- Sie sollen den Weg der Sonnengöttin der Erde gehen.
233 -- Es öffnete der Torwächter die sieben Türen
234 -- (und) zog die sieben Riegel zurück.
235 -- Unten in der dunklen Erde stehen bronzene palḫi-Gefäße,
236 -- ihre Deckel (sind) aus Blei,
237 -- ihre Verschlüsse (sind) aus Eisen.
238 -- Was hineingeht,
239 -- kommt nicht wieder daraus hervor;
240 -- es geht darin zugrunde.
241 -- Auch des Telipinu Wut, Zorn, Frevel (und) Ärger soll er einschließen,
242 -- und sie sollen nicht zurückkommen.
243 -- Telipinu kam zurück zu seinem Haus
244 -- und kümmerte sich um sein Land.
245 -- Der Dunst verließ das Fenster.
246 -- Der Rauch verließ das Haus.
247 -- Auf dem Altarpostament kamen die Götter wieder in Ordnung.
248 -- Im Herd ließ er das Holzscheit los.
249 -- Im Viehhof ließ er die Schafe los.
250 -- Im Rinderstall ließ er die Rinder los.
251 -- Die Mutter erkannte ihr Kind an.
252 -- Das Schaf erkannte sein Lamm an.
253 -- Die Kuh erkannte ihr Kalb an.
254 -- Telipinu aber (erkannte) den König und die Königin (an)
255 -- und versorgte sie mit Leben, Kraft (und) Zukunft.
256 -- Telipinu kümmerte sich um den König.
257 -- Vor Telipinu steht ein eya-Baum.
258 -- Von dem eya-Baum (herab ist) das Vlies eines Schafes gehängt,
259 -- darin liegt das Schaffett,
260 -- darin liegt (etwas) an Getreide und Wein,
261 -- darin liegen Rind (und) Schaf,
262 -- darin liegen lange Jahre (und) Nachkommenschaft,
263 -- darin liegt die sanfte Botschaft eines Lamms,
264 -- darin liegen Zustimmung (und) Gehorsam,
265 -- darin [ ... ] desgleichen,
266 -- darin liegt der rechte Schenkel,
267 -- darin [liegen Wachstum, Gedeihen und Sättigung.

http://www.hethport.uni-wuerzburg.de/txhet_myth/translatio.php?xst=CTH%20324.1&expl=&lg=DE&ed=E.%20Rieken%20et%20al.

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andere Übersetzung

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Dieser Mythos verkörpert den Urtypus des mythologischen Motives vom Verschwinden und Wiederfinden der Götter und stellt einen der beliebtesten Mythostypen der altanatolischen Bevölkerung dar. Das Erzürnen und anschließende Verschwinden der Götter legen die ganze Natur lahm; erst durch ihre Wiederauffindung kann sie erneut in Harmonie versetzt werden. Die Beliebtheit dieses Motives wird u. a. auch daran deutlich, daß dieser Mythos in Zusammenhang mit zahlreichen Gottheiten gebracht worden ist, darunter Wettergott und Sonnengott. Auch private, angesehene Personen haben sich Gottheiten adoptiert, die gemäß diesem Motiv verschwinden und wiederkehren. Die Entdeckung eines Exemplars in dem kleinen Provinzialarchiv von Masat spricht für die Beliebtheit auch dieses Genres. Der Telipinu-Mythos ist in drei voneinander abweichenden Versionen überliefert, die erste ist am besten erhalten.

Texte:
A. KUB 17.10
B. KUB 33.2 = Ai 16ff.
C. KUB 33.1 = Aiii 28ff.
D. KUB 33.3 = Aiv 11 ff.
E. KBo 26.132
Text:

01. Telipinu ist erzürnt. 
02. "Möge er doch nicht (schon wieder) Schrecken einjagen!" Er zog seinen rechten Schuh 
03. an seinen linken Fuß, den linken Schuh aber zog er an seinen rechten Fuß an 
04. und verschwand. 
05. Dunst erfüllte die Fenster, Qualm erfüllte das Haus. 
06. Auf dem Herd erstickten die Scheite. Auf den Altären 
07. erstickten die Götter. Im Pferch ebenso die Schafe, im Stall 
08. erstickten die Rinder. Das Mutterschaf lehnte sein Lamm ab, 
09. die Kuh lehnte ihr Kalb ab. 
10. Telipinu ist fortgegangen. Das Getreide, Fruchtbarkeit der Tiere, 
11. Fruchtbarkeit, Wachstum (und) Sättigung trug er mit sich fort
12. auf das Feld, in die Wiese (und) in die unbewohnte Einöde. Telipinu ist fortgegangen; in der Einöde
13. hat er sich hingekauert. Über ihm wuchs Efeu. Nun
14. wachsen Getreide (und) Spelt nicht mehr. Rinder, Schafe (und) Menschen
15. werden nicht mehr schwanger; diejenigen von ihnen, die schwanger werden, vermögen nicht zu gebären.
16. Die Berge vertrockneten, die Bäume vertrockneten, o daß) keine Knospen
17. mehr sprießen. Die Wiesen vertrockneten, die Brunnen vertrockneten, und im Lande
18. entstand Hungersnot. Menschen wie auch Götter gehen am Hunger zugrunde.
19. Der große Sonnengott veranstaltete eine Party und lud dazu ein Tausend Götter ein. Sie aßen,
20. wurden aber nicht satt; sie tranken, konnten aber ihren Durst nicht löschen.
21. Der Wettergott gedachte seines Sohnes Telipinu: "Telipinu,
22. mein Sohn, befindet sich nicht hier bei uns. Er ist jähzornig geworden und führte alles Gute fort."
23. Die großen wie auch die kleinen Götter fingen an, Telipinu zu suchen. Der Sonnengott 
24. beauftragte den flinken Adler: "Geh 
25. und suche du die hohen Berge auf! 
26. Suche die tiefen Täler, suche die blauen Wogen auf!" 
27. Der Adler flog, fand ihn aber nicht. Er überbrachte dem Sonnengott 
28. die Botschaft: "Ich konnte ihn nicht finden, Telipinu, 
29. den ehrwürdigen Gott." Der Wettergott sprach zu Hannahanna: "Was machen wir nun? 
30. Wir werden am Hunger zugrunde gehen." Hannahanna sprach zum Wettergott: "Du musst etwas unternehmen, 
31. du Wettergott. Geh doch und suche du selbst nach Telipinu !" 
32. Nun begann der Wettergott nach Telipinu zu suchen. Er gelangte an das Tor seiner Stadt, 
33. er kann es aber nicht öffnen. Er zerbrach dabei seinen Hammer und seinen Pflock. 
34. So gab der Wettergott es auf, er deckte sich zu und setzte sich. Hannahanna 
35. sandte die Biene aus: "Gehe und suche du nach Telipinu !" 
36. Der Wettergott sprach zu Hannahanna: "Die großen und kleinen Götter haben nach ihm gesucht, 
37. konnten ihn aber nicht finden. Diese winzige Biene soll nun gehen 
38. und ihn finden? Ihre Flügel sind doch zu klein; sie selbst ist also zu klein. 
39. Außerdem sind sie auseinandergeschnitten." 

AH 
1 -2 sind fragmentarisch. 
03. Telipinu ...
04. Malz (und) Bierbrot zerstößt er, und das Feuer 
05. fachte er an. Und das gute [...] 
06. schnitt er draußen. Für Telipinu preßte er 
07. die süße Flüssigkeit. 
08. Er ist bedrückt, wieder [ ]. 
09. Siehe, hier liegt der Saft vom geschlagenen (Zeug). 
10. Er möge den Sinn des Telipinu besänftigen, 
11. auf dass er sich dem König wieder in gütiger Gesinnung zuwenden möge. 
12. Siehe, hier liegt galaktar (ein Beruhigungsmittel). Dadurch möge dein Sinn 
13. beruhigt sein. Siehe, hier liegt die parhuena-Frucht, ihr 
14. inneres Fleisch möge dich, Telipinu, beschwören. 
15. Siehe, hier liegen Sesamkörner. Laß deine Gestalt wieder
16. sichtbar werden. Siehe, hier liegen Feigen. 
17. Wie sie süß sind, lass nun, Telipinu, deinen Sinn 
18. ebenso süß sein. 
19. Wie der Ölbaum sein Öl in sich trägt, wie der Weinstock 
20. den Weinsaft in sich trägt, ebenso mögest auch du, 
21. Telipinu, Gutes in deinem Sinn drinnen tragen. 
22. Siehe, hier liegt ein Baum. Er möge den Sinn des Telipinu 
23. salben. Wie Malz (und) Bierbrot sich innig miteinander verbinden lassen, ebenso möge, Telipinu, 
24. dein Sinn mit der Angelegenheit der Menschheit verbunden sein. Wie der Spelt 
25. rein ist, ebenso möge des Telipinu Sinn rein werden. Wie der Honig 
26. süß ist, wie das Feinöl geschmeidig ist, ebenso möge der Sinn des Telipinu 
27. süß und geschmeidig sein. 
28. Siehe, deine, des Telipinu Wege habe ich mit Feinöl 
29. besprengt. Laufe nun, Telipinu, auf den mit Feinöl bespritzten 
30. Wegen, sahi- (und) happuriyasa-Bäume (Bäume mit wohlriechendem, weichem Lau) 
31. mögen dir dabei als sanfte Unterlagen dienen. Wie das Schilf (und) Kahnbartgras biegsam sind, 
32. so mögest auch du, Telipinu, fügsam werden. 
33. Telipinu kam in Rage; mit Donner (und) 
34. Gewitter schlägt er die dunkle Erde unten. 
35. Kamruschepa blickte ihn an, und die Flügel des Adlers 
36. brachten ihn herein (?). In ihm erhob sich 

A III 
01. die Wut, in ihm erhob sich der Zorn. Verhängnisvolle Gelüste 
02. erhoben sich in ihm, Groll erhob sich in ihm. 
03. Kamruschepa spricht zu den Göttern: "Kommt, 
04. ihr Götter; schaut, (wie) Hapantalia die Schafe des Sonnengottes weidet. 
05. Trennt nun 12 Widder von der Herde ab, auf dass ich Telipinus karas (Getreideart) 
06. behandeln kann. Genommen habe ich mir ein Sieb mit 1000 Löchern, und (damit) habe ich das karas 
07. (und) die Widder des Kamruschepa hineingeschüttet. 
08. Nun habe ich sie für Telipinu hier und da verbrannt, 
09. verbrannt habe ich sie. Somit habe ich von Telipinus 
10. Körper das Böse herausgenommen. Ich habe seine verhängnisvollen Gelüste 
11. genommen, seinen Zorn habe ich genommen, den Groll 
12. habe ich genommen. Die schlechte Gesinnung habe ich genommen, seine Wut habe ich genommen. 
13. Telipinu ist zornig. Sein Sinn und sein Herz 
14. werden vom Feuerholz erstickt. Wie man nun diese Holzscheite 
15. verbrannt hat, ebenso mögen Telipinus Wut, 
16. Zorn, verhängnisvolle Gelüste (und) Groll verbrennen. Wie die Keimkraft von Malz 
17. gering ist (und) man es nicht auf die Felder bringt, 
18. um es als Saatgut zu verwenden, oder wie man daraus kein Brot bäckt, 
19. sondern es in dem Vorratshaus deponiert, ebenso mögen Telipinus Wut, 
20. verhängnisvolle Gelüste (und) Groll geringfügig werden. 
21. Telipinu ist zornig. Sein Sinn (und) sein Herz 
22. sind (wie) loderndes Feuer. Wie nun dieses Feuer erlischt, 
23. ebenso mögen Wut, Zorn (und) Groll erlöschen. 
24. Telipinu, lass die Wut, lass den Zorn, 
25. lass den Groll. Wie nun das Wasser in der Wassertraufe 
26. nicht rückwärts fließt, ebenso mögen Telipinus Wut, Zorn 
27. (und) Groll nicht zurückkommen. 
28. Die Götter sind unter dem Weißdorn am Versammlungsplatz zusammengetroffen. 
29. Unter dem Weißdorn gibt es einen langen Schatten. 
30. Ebendort sitzen all die Götter, nämlich Papaya, Ischtuschtaya, 
31. Gulscha, Hannahanna, Halki, 
32. Miyatanzipa, Inar, Hapantaliya. 
33. Unter den Göttern befinden sich lange Jahre. Diese 
34. habe ich behandelt; auch ihn habe ich gereinigt. 

09. Von Telipinus Körper habe ich das Böse entfernt, 
10. die Wut habe ich (von ihm) genommen, den Zorn habe ich genommen, 
11. verhängnisvolle Gelüste habe ich genommen, Groll habe ich genommen, 
12. die böse Zunge habe ich genommen, das böse ... habe ich genommen. 

AIV 
01. Der Ochse geht vorüber unter dir, und du raufst ihm seine Mähne. Das Schaf 
02. geht unter dir durch, und du raufst ihm seine Wolle. 
03. Raufe nun dem Telipinu ebenfalls Wut, Zorn, verhängnisvolle Gelüste (und) Groll. 
04. Wenn der Wettergott jähzornig daherkommt, (so) bringt ihn der Priester des Wettergottes 
05. zur Beruhigung. Kocht der Suppentopf über, (so) bringt der Schöpflöffel ihn zum Stillstand. 
06. Lass ebenso meine, des Sterblichen, Beschwörungsworte Telipinus 
07. Wut, Zorn (und) Groll zum Stillstand bringen! 
08. Laß Telipinus Wut, Zorn, kriminelle Gesinnung 
09. (und) Groll fortgehen. Das Haus soll sie loslassen, die Innentür  
10. soll sie loslassen, das Fenster soll sie loslassen, die Türangel (und) 
11. der Innenhof sollen sie loslassen, das Tor soll sie loslassen, das Torgebäude soll sie loslassen, 
12. die Königsstraße soll sie loslassen. Mögen sie nicht ins fruchtbare Feld, den Gemüsegarten (und) den Baumgarten 
13. gehen, (vielmehr) sollen sie den Weg des Sonnengottes der Erde gehena. 
14. Der Pförtner hat (schon) die 7 Türflügel geöffnet, er hat die 7 Riegelhölzer zurückgezogen. 
15. Unten in der dunklen Erde stehen kupferne Kessel; ihre Deckel 
16. sind aus (schwerem) Blei, ihre Handgriffe sind aus Eisen. Was (auch immer) dort hinein gerät, 
17. findet niemals einen Ausgang, (vielmehr) vergeht es darinnen. 
18. Und laß Telipinus Wut, Zorn, 
19. kriminelle Gesinnung (und) Groll darinnen festgehalten sein, so daß sie nicht zurückkommen können !" 
20. Telipinu kehrte (nun) nach Hause zurück und kümmerte sich um das Land. 
21. Da verließ der Dunst das Fenster, der Qualm verließ das Haus, 
22. da fügen sich die Altäre den Göttern, die erstickten Holzscheite verließen den Herd. 
23. lm Pferch drinnen 
24. verließ die Unfruchtbarkeit die Rinder. Die Mutter nahm sich ihres Kindes an, das Schaf nahm sich des Lammes an, 
25. die Kuh nahm sich des Kalbes an, Telipinu nahm sich des Königs und der Königin an und 
26. kümmerte sich fortan um deren Leben, Gesundheit (und) Zukunft. 
27. Telipinu kümmerte sich um den König. Vor Telipinu 
28. steht ein Wacholder; und an diesen Wacholderbaum ist ein Vlies gehängt. 
29. Darinnen liegt Schafsfett; drinnen liegen Getreide, der Gott GIRa 
30. (und) Wein. Darinnen liegen Rind (und) Schaf, 
31. darinnen liegen lange Jahre (und) Nachkommenschaft. 
32. Darinnen liegt des Schafes sanfte Natur
33. darinnen … . 
34. Darinnen liegt die rechte Haxe, darinnen 
35. liegen Wachstum, Gedeihen (und) Sättigung. 

mehr: http://www.academia.edu/3494311/Das_Huhn_das_Ei_und_die_Schlange._Mythos_und_Ritual_im_Illuyanka-Text

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