Aus einem altägyptischen Papyrus der Ramessidenzeit.
Geheim an Verwandlungen, funkelnd an Erscheinungsformen,
wunderbar erscheinender Gott, reich an Gestalten!
Alle Götter rühmen sich seiner,
um sich mit seiner Schönheit so zu erhöhen, wie er göttlich ist.
'Re' selbst ist vereinigt mit seinem [des 'einen' Gottes] Leib,
er ist der Große in Heliopolis.
Man sagt aber auch 'Tatenen' ['Ptah-Tatenen' von Memphis] zu ihm,
und 'Amun' [von Theben], der aus dem Urwasser hervorkam,
um die 'Gesichter' [die Götter] zu leiten.
Andere Weisen seiner Erscheinung sind die 'Acht' [von Hermopolis]
und der 'Urgott' ['Nun', eine Gestalt des Urgottes der 'Neunheit' von Heliopolis]
und der 'Urgrund der Götter, die Re gebar' [der Sonnengötter von Heliopolis]!
Er vollendete sich als 'Atum' [zweite Gestalt des Urgottes von Heliopolis],
eines Leibes mit ihm.
Er ist der Allherr, der das Seiende begann.
Sein 'Ba' [göttlicher Geist], sagt man, ist der, der im Himmel ist.
Er ist der, der in der Unterwelt ist, der im Osten gebietet.
Sein 'Ba' ist im Himmel, sein Leib ist im Westen,
sein Bild ist im 'Südlichen Heliopolis' und trägt seine Kronen.
Einzig ist 'Amun' [hier Bezeichnung für den 'einen' Gott hinter allen Göttererscheinungen],
der sich vor den Göttern verborgen halt,
der sich vor ihnen verhüllt, so dass man sein Wesen nicht kennt.
Er ist ferner als der Himmel, er ist tiefer als die Unterwelt.
Kein Gott kennt seine wahre Gestalt.
Sein Bild wird nicht entfaltet in den Schriften,
man lehrt nichts Sicheres über ihn.
Er ist zu geheimnisvoll, als dass seine Hoheit zu enthüllen wäre,
er ist zu groß, um erforscht, zu mächtig, um zu erkannt zu werden.
Man fällt nieder auf der Stelle vor Schrecken,
wenn man seinen geheimen Namen wissentlich oder unwissentlich ausspricht,
und es gibt keinen Gott, der ihn dabei anrufen könnte:
'Ba'-hafter, der seinen Namen verbirgt entsprechend seiner Verborgenheit.
Textgrundlage: pLeiden J 350, IV, 12 - 24 = Jan Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, Zürich 1975, Nr. 138. Deutsche Übersetzung nach: Jan Assmann, Ägypten. Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur, Stuttgart u. a. O. 1991 2, S. 275. Erklärende Einschübe für das Internet-Zitat: Christian Gizewski.
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