Direkt zum Hauptbereich

Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Seele

Der erhaltene Text wird wie folgt gegliedert:
- erste Rede des Ba - erste Rede des  Mannes
- zweite Rede des Ba - zweite Rede des Mannes
- dritte Rede des Ba
- zwei Gleichnisse des Ba
- vier Lieder des Mannes
- Schlusswort des Ba

aus der ersten Rede des Mannes, Z.23-29:
Möge Thot mich richten, der die Götter befriedet,
möge Chons mich verteidigen, der die Wahrheit schreibt,
möge Re mein Wort hören, der die Sonnenbarke befiehlt,
möge Isdes mich verteidigen, der in der Heiligen Kammer ist!
Denn meine Not ist schwer, eine Last, die er (der Ba, die Seele) mir auferlegte.

aus der zweiten Rede des Mannes, Z.39-45:
Wenn mein Ba auf mich hörte, ohne Fehlhandlung,
wenn sein Herz eins ist mit mir, wird er glücklich sein.
Ich lasse ihn den Westen erreichen, wie einer, der in seiner Pyramide ist,
nachdem ein Hinterbliebener seinem Begräbnis beigewohnt hat.
Ich werde Kühlung schaffen für deinen Körper,
so dass du neidisch machst einen anderen Ba, der in Vergessenheit (ist)

aus der dritten Rede des Ba, Z.56-68:
Wenn du an das Begräbnis denkst, so ist das Kummer,
Es ist ein Hervorbringen von Tränen beim Traurigstimmen eines Mannes (...)
Die in stein bauten, in Granit,
die Kammer in schönen Pyramiden bauten, in schöner Arbeit,
so dass ihre Erbauer Götter werden mögen:
ihre Opfersteine sind leer wie die von Vergessenen,
die am Uferweg starben aus Mangel an Hinterbliebenen,
wenn das Wasser sich seinen Teil nahm, die Sonnenglut desgleichen. (...)
Hör du auf mich! Siehe, gut ist das Hören für die Menschen!
Folge dem schönen Tag! Vergiss die Sorge!

aus dem ersten Gleichnis des Ba, Z.76-80:
Ich weine nicht um jene, die geboren wurde,
wenn sie auch nicht aus dem Westen kommen kann
für ein anderes (Leben) auf der Erde.
Ich klage über ihre Kinder, die im Ei zerbrochen wurden,
die das Antlitz der Chenti (Totengott) sahen, bevor sie gelebt hatten

aus: "Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte: Altes und Mittleres ..."
von Günter Burkard,Heinz-Josef Thissen
google-books


---------------------------------------------------------

(aus der dritten Rede des Ba, Z.56-68)
Meine Seele öffnete ihren Mund gegen mich
Und antwortete auf das, was ich gesagt hatte:
Wenn du an das Begraben erinnerst - das ist etwas Trauriges,
Das ist etwas, was Tränen bringt und den Menschen betrübt,
Das ist etwas, was en Menschen aus seinem Hause fortnimmt und auf den Hügel wirft
Dann steigst du nicht mehr hinauf, um die Sonne zu sehen!
Die aus Granit bauten,
Die eine Halle in die Pyramid mauerten,
Die Schönes vollbrachten in dieser schönen Arbeit -
So sind ihre Opfersteine leer
Wie die der Müden, die auf dem Uferdamm gestorben sind
Ohne ihre Hinterbliebenen;
Die Flut hat sich (von ihnen) ihr Ende weggenommen
Und die Sonnenglut desgleichen,
Und die Fische des Ufers reden mit ihnen.
Höre doch auf mich! Siehe, hören ist dem Menschen gut.
Folge dem frohen Tag, vergiß die Sorgen!

Im Folgenden führt die Seele verschiedene Bsp. an, wieso der Lebensgenuß besser ist, als die Sorge um den Tod. Genaues aber bleibt unklar. Darauf folgt die ausführliche Antwort des Mannes:

Da öffnete ich meinen Mund gegen meine Seele
Und antwortete auf das, was sie gesagt hatte:
Sieh, mein Name wird verwünscht,
siehe, mehr als der Geruch von Aas
an Sommertagen, bei heißem Himmel.

(erstes Lied des Mannes, Z.86-97)
Siehe, mein Name wird verwünscht,
siehe, (mehr als) Fische in Empfang zu nehmen
am Tage des Fangs, bei heißem Himmel.
Siehe, mein Name wird verwünscht,
siehe, mehr als der Geruch der Vögel,
mehr als der .... Hügel mit den Gänsen.
Siehe, mein Name wird verwünscht,
siehe, mehr als der Geruch der Fischer,
mehr als die Ufer der Sümpfe, wenn sie gefischt haben.
Siehe, meine Name wird verwünscht,
siehe, mehr als der Geruch der Krokodile,
mehr als an .... zu sitzen mit den Krokodilen.

Siehe, mein Name wird verwünscht,
siehe, mehr als (der) einer Frau,
gegen die zu dem Gatten Lüge gesagt wird.
Siehe, mein Name wird verwünscht,
siehe, mehr als (der) eines starken Kindes,
gegen das .... gesagt wird zu dem, der es hasst.
Siehe, mein Name wird verwünscht,
siehe, (mehr als) der einer unsicheren Stadt,
als der eines Empörers, dessen Rücken gesehen wird.

Zu wem spreche ich heute?
Die Brüder sind schlecht,
Die Freunde von heute kann man nicht lieben.
Zu wem spreche ich heute?
Man ist habgierig,
Jedermann raubt die Sachen des Nächsten.
Zu wem spreche ich heute?
Die Sanftmut ist zugrunde gegangen,
Die Frechheit überall hingelangt.
Zu wem spreche ich heute?
Der zufrieden Aussehende ist schlecht,
Das Gute wird überall vernachlässigt.
Zu wem spreche ich heute?
Wer einen guten Mann durch seine Schlechtigkeit wütend macht,
Der bringt alle Leute zum Lachen, wenn sein Frevel böse ist.
Zu wem spreche ich heute?
Man raubt,
Jedermann raubt (die Sachen) seines Nächstgen.
Zu wem spreche ich heute?
Der Kranken ist der Vertraute,
Der Bruder, der bei ihm ist, ist zum Gegner geworden.
Zu wem spreche ich heute?
Man erinnert sich nicht mehr an gestern,
Man tut jetzt nichts für den, der einst Gutes getan hat.
Zu wem spreche ich heute?
Die Brüder sind schlecht,
Man wird als Feind behandelt trotz der rechten Gesinnung.
Zu wem spreche ich heute?
Die Gesichter sind unsichtbar,
Jedermann hält das Antlitz gesenkt gegen seine Brüder.
Zu wem spreche ich heute?
Die Herzen sind habgierig,
Der Mann, auf den man sich stützt, hat kein herz.
Zu wem spreche ich heute?
Es gibt keine Gerechten,,
Die erde ist den Übeltätern übriggelassen.
Zu wem spreche ich heute?
Es fehlt an einem Vertrauten,
Man wird als Unbekannter behandelt trotzdem er sich hatte kennen lassen.
Zu wem spreche ich heute?
Es gibt keinen Zufriedenen,
Jener, der mit ihm ging, ist nicht da.
Zu wem spreche ich heute?
Ich bin mit Elend beladen
Und habe keinen Vertrauten.
Zu wem spreche ich heute?
Die Sünde, die das Land schlägt,
Die hat kein Ende.

Der Tod steht heute vor mir,
wie wenn ein Kranker gesund wird,
wie das Ausgehen nach der Krankheit.
Der Tod steht heute vor mir
wie der Duft von Myrrhen,
wie das Sitzen unter dem Segel am windigen Tage.
Der Tod steht heute vor mir
wie der Duft von Lotusblumen,
wie das Sitzen auf dem Ufer der Trunkenheit.
Der Tod steht heute vor mir
wie ein betretener Weg,
wie das Heimkommen eines Mannes vom Kriegszug.
Der Tod steht heute vor mir
wie eine Entwölkung des Himmels,
wie ein Mann ... zu dem, was er nicht wusste.
Der Tod steht heute vor mir,
wie ein Mensch sein Haus wieder zu sehen wünscht,
nachdem er viele Jahre in Gefangenschaft verlebt hat.

Wer dort ist, wird ja einer sein, der .... als ein lebender Gott,
der die Sünde straft an dem, der sie tut.
Wer dort ist, wird ja im Sonnenschiff stehen
und darin das Auserlesenste an die Tempel geben lassen.
Wer dort ist, wird ja ein Wissender sein, dem nicht gewehrt worden ist,
und der Re bittet, wenn er spricht.

Hierauf folgt zum Schluß eine kurze Rede der Seele, die nun endlich auf den Wunsch des Menschen eingeht:

Ich werde hier bleiben, wenn du den Westen zurückweisest.
Wenn du aber den Westen erreichst und dein Leib sich mit der Erde vereint,
So will ich mich niederlassen, nachdem du ruhst, -
Lass uns zusammen eine Stätte haben!


Der Text stammt aus dem mittleren Reich (ca. 2000-1800 v.u.Z.). Es geht dabei um einen Mann, der ohne eigene Schuld in Not geriet. Nun sehnt er sich nach dem Tod und bittet seine Seele, ihn auch im Tod nicht zu verlassen. Aber die Seele weigert sich.


aus:
"Altorientalische Texte Zum Alten Testament" - herausgegeben von Hugo Gressmann
google-books




dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Gespräch_eines_Lebensmüden_mit_seiner_Seele

und in Hieroglyphen-Schrift:
https://mjn.host.cs.st-andrews.ac.uk/egyptian/texts/corpus/pdf/Dispute.pdf

-------------------------
Stellenweise fast buchstäbliche Übereinstimmung einzelner Lieder im Hiob mit dem ägyptischen "Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Seele"
aus: "Die alttestamentarische Religion im Rahmen der anderen altorientalischen" - Ernst Sellin



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

sumerische Götter

Anunna : bezeichnet eine Gruppe von Göttern im mesopotamischen Pantheon. Später wird es manchmal verwendet, um die Götter der Unterwelt zu beschreiben (im Gegensatz zu den Göttern des Himmels, den Igigi ). Igigi / Igigu : Dieser semitische Begriff beschreibt eine Gruppe von möglicherweise sieben oder acht Göttern. Es ist wahrscheinlich, dass der Gott Marduk einer von ihnen war, aber die Gesamtmitgliedschaft in dieser Gruppe ist unklar und wahrscheinlich im Laufe der Zeit verändert. Greenstone- Zylinderdichtung des Schreibers Adda zeigt von links nach rechts: (Isimud), Enlil(?) oder Ninurta(?), Inanna mit Flügeln, Utu mit Schwert, Enki mit einem fließenden Strom voller Fische..  Enkis zweigesichtiger Minister Isimud steht zu seiner Rechten. Altakkadisch ca .2300-2200 BCE.  (BM 89115). © The Trustees of the British Museum. ----------------------------------- An :   Mesopotamischer Himmelsgott, eine der höchsten Gottheiten; bekannt als An in Sumerian und Anu in A

Die Lehre des Ptahhotep

Ptahhotep , auch Ptah-hotep , war ein altägyptischer Wesir und Stadtverwalter, der gegen Ende des Alten Reichs gelebt und unter Isesi, dem vorletzten Pharao der 5. Dynastie, amtiert hat. Er war in späterer Zeit Verfasser von insgesamt 37 Lebensmaximen, die als die älteste vollständig erhaltene Weisheitslehre gelten und ihm den Beinamen Der Weise einbrachten. ( wiki ) Der " Papyrus Prisse " in hieratischer Schrift zählt zur altägyptischen Literatur und enthält zwei Lehren, die als Weisheits- oder Lebenslehren bezeichnet werden: die Lehre für Kagemni, davon jedoch nur das Ende, und die Lehre des Ptahhotep , auch Maxime des Ptahhotep genannt. Er datiert vermutlich in die 13. Dynastie, wobei angenommen wird, dass sowohl der unvollständige Text der Lehre für Kagemni als auch die Lehre des Ptahhotep aus der Zeit des Alten Reiches stammen. ( wiki ) Papyrus Prisse: Dieser Papyrus enthält den vollständigen Text der Lehre und bietet gleichzeitig textgeschichtlich die beste

Streitgespräch zwischen Schaf und Getreide

aus ETCSL 5.3.2 1-11. Als auf dem Hügel des Himmels und der Erde (Gott) An die Götter der Anunna hervorbrachte, da er weder erzeugtes noch geschaffenes Korn mit ihnen hervorbrachte, und da er im Land weder das Garn von Uttu (der Göttin des Webens) noch den Webstuhl für sie herstellte (und) Uttu - ohne Schafe (nicht) erschien, gab es keine zahlreichen Lämmer, und ohne Ziegen gab es (auch) keine zahlreichen Kinder, (auch) die Schafe brachten ihre Zwillingslämmer (noch) nicht zur Welt, und die Ziegen brachte ihre Drillingskinder (noch) nicht zur Welt -, die Anunna, die großen Götter, kannten nicht einmal die Namen von Ezina-Kusu (Korn) oder Schaf. 12-25. Es gab kein Muš-Korn von dreißig Tagen; es gab kein Muš-Korn von vierzig Tagen; es gab kein Muš-Korn von fünfzig Tagen; Es gab kein kleines Getreide, Getreide von den Bergen oder Getreide von den heiligen Wohnungen. Es gab kein Tuch zum Anziehen; Uttu war nicht geboren worden - kein königlicher Turban wurde getragen; Herr Niĝir-si, d