1 -- Wenn man ein Ritual an der Grenze des Feindeslandes durchführt,
2 -- opfert er (d.h. der Ritualführer) ein Schaf der Sonnengöttin von Arinna, dem Wettergott, dem Schutzgott, >allen Göttern<, dem Telipinu von Durmitta, den männlichen Göttern, den weiblichen Göttinnen, den Göttern der Versammlung, allen Göttern, allen Bergen und Flüssen.
3 -- Man opfert aber ein Schaf dem Zitḫariya.
4 -- Man spricht folgendermaßen:
5 -- „Siehe, Zitḫariya neigt sich vor allen Göttern;
6 -- die beständigen Zuteilungen, die Zitḫariya gehörten,
7 -- welche Gebiete vorhanden waren,
8 -- wo man ihm große Feste zu feiern pflegte,
9 -- die haben jetzt die Kaškäer an sich genommen.
10 -- Die Kaskäer verursachten Probleme
11 -- indem sie sich dauernd ihrer Angriffskraft und Widerstandskraft rühmen,
12 -- und haben euch, Götter, gedemütigt.
13 -- Siehe, Zitḫariya neigt sich vor allen Göttern.
14 -- Bei euch erhebt er dauernd die Anklage;
15 -- richtet für ihn, (ihr) alle Götter, den Rechtsstreit!
16 -- Es soll eine Strafanzeige in jeder Hinsicht für (euch) Götter sein.
17 -- Jene Sachen aber wurden nicht nur dem Zitḫariya weggenommen,
18 -- (sondern) euch allen Göttern auch – der Sonnengöttin von Arinna, dem Wettergott von Nerik, dem Wettergott, der Schutzgottheit, dem Telipinu, allen Göttern – (wurden) sie weggenommen,
19 -- euch wurden seine Städte weggenommen.
20 -- Nun erhebt Zitḫariya bei euch, allen Göttern, (dauernd) seine Anklage.
21 -- Nehmt euch auch eure Rechtssache zu Herzen,
22 -- entscheidet eure Rechtssache zu eurem Vorteil,
23 -- entscheidet die Rechtssache für Zitḫariya!
24 -- Vernichtet, oh Götter, das Land der Kaškäer!
25 -- Jede Gottheit soll sich um ihre eigene Kultplätze kümmern
26 -- (und) soll sie sich wieder nehmen!
27 -- Zitḫariya soll sich wieder seinen Kultplätzen zuwenden
28 -- (und) er soll in jene Gebiete dauernd zum Durchstreifen gehen.
29 -- Sie sollen [ … ]
30 -- [ … ] sollen sie die großen Feste dauernd feiern.
(31-34 zu fragmentarisch)
35 -- Folgendermaßen spricht er:
36 -- „Nun, Götter des Landes Kaška, wir haben euch zur Versammlung einberufen.
37 -- Geht (sofort) daran, zu essen (und) zu trinken!
38 -- Nun, die Anklage, die wir (gegen) euch erhoben haben,
39 -- schenkt ihr Aufmerksamkeit!
40 -- Die Götter des Landes Ḫatti haben euch, den Göttern des Landes Kaška, nichts weggenommen,
41 -- sie haben euch nichts mit Gewalt weggenommen.
42 -- Und ihr, Götter des Landes Kaška, habt gestritten:
43 -- ihr habt die Götter des Landes Ḫatti aus (ihrem) Land vertrieben
44 -- und ihr habt ihr Land für euch genommen.
45 -- Die Kaškäer stritten (auch):
46 -- ihr (Kaskäer) habt den Bewohnern des Ḫatti-Landes ihre Städte weggenommen,
47 -- ihr habt sie aus ihren Feldern und aus ihren Weingärten vertrieben.
48 -- Die Kaškäer fordern die Götter und die Menschen des Landes Ḫatti zum Blutvergießen auf;
49 -- für die Götter des Landes Ḫatti (ist deren Blut nicht] zu vergießen,
50 -- Und ihr (der Götter?) Blut ist auch für die Menschen des Landes Hatti nicht zu vergießen.
51 -- Euch Götter und Menschen des Landes Kaška …
(52-58 zu fragmentarisch)
59 -- Bier (und) Wein [ … ]
60 -- Folgendermaßen spricht:
61 -- Oh Götter des Feindes esst und trinkt!
62 -- Ihr sollt zurück (gehen)
63 -- Ihr sollt den Feind niederschlagen
64 -- Wenn man fertig ist,
65 -- geht er/sie wieder zu den Göttern von Ḫatti.
66 -- Man isst Fett (und) Brot auf
67 -- (und) er/sie opfert den Göttern von Ḫatti, dem Wettergott der Armee (und) Zababa.
68 -- Wie oft es auch immer aber für sie richtig (ist),
69 -- so oft wird man trinken.
70 -- Der Herr der Gottheit nimmt die Gerätemodelle (und) die Schafhäute.
71 -- (Dann) kehrt man zur Armee zurück
72 -- (und) ebenso liefert man die Schlacht.
72a -- Beendet.
73 -- (Von) zwei Tafeln (nieder)geschrieben. Beendet.
Im Telipinu-Mythos wird eine kurša-Jagdtasche genauer beschrieben: Sie wird gefüllt mit Gerste und Weintrauben, Fett und Fleisch von Schaf und Rind sowie mit Segenswünschen an einen eya-Baum gehängt. Dieser war offenbar ein immergrüner Baum und er wird manchmal mit „Eibe“, zuweilen auch mit „Eiche“ übersetzt. Hier zeigt sich deutlich der Fruchtbarkeitsaspekt der kurša-Jagdtasche.
Die Kaškäer lebten zur Zeit des hethitischen Großreichs in Nordanatolien. Erste gesicherte hethitische Erwähnungen der Kaškäer stammen aus dem frühen 14. Jhr. v.u.Z.. Die Kaškäer lebten teilweise halbnomadisch und waren in mindestens neun verschiedene Stämme zersplittert. U. a. auch deshalb stellten sie eine ständige Bedrohung an der hethitischen Nordgrenze dar. Verträge, die mit dem einen Stamm geschlossen wurden, ignorierten die anderen Stämme oft. Die Einfälle ins Hethiterreich waren aber offenbar weniger Eroberungs- als vielmehr Plünderungszüge. Lediglich zur Zeit des Šuppiluliuma I. (ca. 1355–1320 v.u.Z.) sollen sich die Stämme unter einem König Piḫḫuniya zusammengeschlossen haben. Ob die Kaškäer den Zusammenbruch des Hethiterreichs mitverursachten, ist nicht geklärt.
Citatio: F. Fuscagni (ed.), hethiter.net/: CTH 422 (TRde 22.07.2016)http://www.hethport.uni-wuerzburg.de/txhet_besrit/translatio.php?xst=CTH%20422&expl=&lg=DE&ed=F.%20Fuscagni
https://de.wikipedia.org/wiki/Zitḫariya
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurša-Jagdtasche
https://de.wikipedia.org/wiki/Kaškäer
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